in Potatoivs thread hat sich ein sehr interessanter Austausch entwicklt, den ich mit ihrem Einverständnis hier rüberkopiert habe. Danke Potatoiv
http://www.adfd.org/austausch/viewtopic ... 51#p124751
Hallo alle!
Ich hätte eine Frage...leidet ihr, wenn ihr depressiv seid, auch so stark unter Grübelzwängen und Zwangsgedanken...zur Zeit ist es unerträglich...es quält mich den ganzen Tag.
Habt ihr vielleicht Tips für mich, wie man damit gut umgehen kann...hab ja so einiges gelesen, aber eigene Erfahrungen sind immer besser!
Danke,
potatoiv
Hallo,
Wenn es akut ist, hilft mir Spazierengehen und Hörbücher hören.
Alles Gute
Oliver
Hallo,
also von Zwangsgedanken bin ich glücklicherweise verschont geblieben, aber die endlos-12-Stunden-bis-in-den-Zusammenbruch-hineingehende-Zwangsgrübelei kenne auch ich .
Anfangs war ich so sehr darin gefangen, dass ich mein Verhalten überhaupt nicht reflektieren konnte und ich war wirklich ausgeliefert!
Kannte das Forum nicht, hatte kaum jemandem zum drüber reden.. war sehr schlimm .
Mittlerweile habe ich Techniken drauf, aber es ist wirklich so, dass jeder selbst rausfinden muss, was ihm hilft.
Liste ohne Wertung, wobei Punkt 2 für mich am wichtigsten war und auch Haushalt mich zumeist runtergeholt hat:
1) Hab irgendwann zu Leinwand und Ölpastellkreide gegriffen und meine Gefühle ausgedrückt
2) Immer wieder Eckhart Tolles Mega-Hörbuch "Jetzt! Die Kraft der Gegenwart" angehört. Das ist derart krass und beansprucht den Verstand so sehr, dass man überhaupt nicht mehr grübeln kann. Ich sage es immer wieder hier im Forum: Dieses Hörbuch hat mir das Leben gerettet!!!!
3) Nordic Walking
4) Moderates Putzen, Aufräumen, Sortieren
5) Mit Postcrossing begonnen (http://www.postcrossing.com)
6) Computerspiele, daddeln, Nintendo DS damals im WIFI-Modus
Grüße
Jamie
Lieber Oliver, liebe Jamie,
danke vielmals....ich hasse diese Grübelzwänge wirklich schon extrem...sie kommen immer schubweise, dann ist es wieder ein paar Tage besser und dann gehts wieder los....das schlimme ist, dass ich dann irgendwann anfange, die Dinge von den Zwangsgedanken fast schon zu glauben...das ist schrecklich, man weiss überhaupt nicht mehr, was stimmt, vor lauter denken! Kennt ihr das auch so extrem?
Ich werd mal durchprobieren von euren Vorschlägen!
Alles Liebe,
potatoiv
Hallo potatoiv, mir ging und geht es oft ähnlich, auch hab ich oft Kathastrophendenken dabei, wie wenn ich zur Türe rausgehe, das mit plötzlich durch den Kopf schießt, du kommst nicht wieder , nie wieder wirst du diese Türe aufschließen, dir wird was ganz schreckliches passieren. Ich sag mir dann immer das ist der Entzug , mir wird gar nichts passieren monoton vor mich her bis ich wieder ruhiger bin. Wenn ich dann nach Hause komme sag ich mir bewusst an der Türe siehst du war alles Quatsch du bist doch nach Hause gekommen. Was ich auch besonders hab ist wenn ich ein Lied gehört habe , das sich das ständig in meinem Kopf wiederholt, stundenlang, echt gruselig. Oder ich fang an mein Leben zu inspizieren, warum hast du da so gehandelt und nicht so ? Was wäre wenn ich anders gehandelt hätte und ich da von hundertsten ins Tausendstel abtauch.
Was mir dann hilft, ist mich abzulenken, ich nehm mein Smartphone und mach mir mit Kopfhörer Musik auf die Ohren am besten geh ich dann mit meinen Hunden raus in die Natur und merke dann nach einiger Zeit das es ruhig wird in meinem Kopf, dann lausche ich bewusst Vögeln, Geräusche der Blätter , spiel mit meinen Hunden , das schaltet diesen Grübelzwang bei mir aus.
Zuhause hilft mir aus diesem Zustand rauszukommen ganz banale Sachen wie putzen, kochen. Mittlerweile hab ich das ganz gut im Griff und merke wenn ich wieder droh in diese Gedankenkreiseln abzutauchen mir innerlich sofort ein strenges Stop zu setzen. Das funktioniert ganz gut wenn man sich da gleich am Anfang bei erwischt. Wenn man schon mittendrin steckt ist es schwieriger da wieder den Ausgang zu finden. Ich hab mir auch schon bewusst den Fernseher angemacht um ner Sendung zu lauschen die mich interessiert. Oder ich lasse ne Meditationtext laufen und mach die Übungen mit, bei youtube gibt es zahlreiche Angebote.
Frohe Weihnachten wünscht dir Petra
Liebe Petra,
danke für die weiteren Tips...es tut mir leid, dass ihr das auch so habt...aber irgendwie beruhigt es mich...ich komm mir immer so völlig irre vor...aber wenn ich höre, dass andere das auch haben, dann nimmt mir das dieses Gefühl.
Ich habe zur Zeit starke Zwangsgedanken wegen meinem Freund...ich glaube ich habe starke Angst ihn zu verlieren, weil es mir so schlecht geht und ich glaube, er wird das nicht immer mit durchstehen...sobald wir dann eine kleine Meinungsverschiedenheit haben, dann wird das ganz extrem...ich fürchte mich dann richtig vor den Gedanken, dass ich ihn verlassen muss, dass wir keine Zukunft haben und in weiterer Folge, dass ich ihn nicht mehr lieben könnte ( bin ja durch die Depri und die ganzen Entzüge auch so gefühllos), das steigert sich so, dass ich dann totale Angstzustände von dem Schmarren bekomme und voll verkrampfe und es rattert den ganzen Tag weiter dahin in meinem Schädel...bis zu dem Punkt, wo ich mir denke, wenn ich solche Gedanken über ihn habe, dann hat das ganze ja nie wieder einen Sinn, denn sonst würde ich ja nicht so denken...die Gedanken bestätigen sich sozusagen dann selbst....dann geht es mir hundeelend und ich werde total hoffnungslos.
oder ich denke die ganze Zeit, dass ich gleich verrückt werde, jetzt gleich, jetzt gleich und das macht natürlich die gleiche Angst...
und noch eine Reihe von Angst vor der Angst - Gedanken... sich hineinsteigern in die Angst...
schiach wie man sich selbst durch Denken das Leben schwer machen kann! Theoretisch weiss ich, dass das Angstgedanken, Grübelzwänge, Zwangsgedanken sind, die durch den Entzug und die Depression kommen, aber irgendwie glaubt ein kleiner Teil von mir, es könnte es wahres dran sein und dann steigert es sich wieder...
Danke auf jeden Fall und schöne Festtage,
potatoiv
Liebe Potatoiv,
Also dass mit den fixen Gedanken gg. dem Partner, das kenne ich auch. In der letzten Krise hab ich meine Mutter angeschrien, dass ich von ihm weg muss, weil er mit jemandem wie mir nie dauerhaft zusammensein kann und sollte. All diese zwanghaften Gedanken führten zu noch mehr Zusammenbrüchen. Ihn hab ich mir nach so stunden des Grübelns auch geschnappt und ihm lang und breit dagelegt, warum das auch in seinem Sinne besser ist, wenn es sofort beendet wird.
Er blieb immer ruhig und sagte, wir können das in sechs Monaten wieder besprechen, derzeit wird nix entschieden.
Ich bin sicher, dass es sich wahr anfühlt ist das tückischste an diesen Gedanken. Ich konnte mich nie wirklich stoppen, wenn ich drin war. Es bleibt also nur, zu schauen, dass es einen nicht so sehr reinzieht, und wenn man das verpasst hat, dann muss man leider oftmals einfach nur durch und warten, bis es abklingt.
Drück dich mal, Grüße murmeline
Liebe Murmeline,
vielen vielen Dank für deine Geschichte...ich komme mir wirklich total irre vor, aber anscheinend gehört das wirklich auch dazu... ich glaube, der Partner steht einem halt am Nächsten und wenn es einem so elend geht, versucht man einfach irgendeine Lösung zu bekommen, damit es einem besser geht und dann denkt man in alle Richtungen...vielleicht liegt es ja an der Partnerschaft, dass es einem so schlecht geht...ausserdem nimmt man eh nur das Negative wahr...
DANKE,
potatoiv
Hallo,
ich hab da auch meine eigene Version von, gegen die ich nun seit vielen Jahren mehr oder minder erfolgreich ankämpfe. Vorher gabe es eine sehr lange Phase, wo diese Ideen auch schon da waren, aber so sehr "ein Teil von mir", dass ich mir gar nicht bewusst war, dass das vielleicht einfach selbstzerstörerische Zwangsgedanken sind, gegen die ich angehen kann. Meine Zwangsgedanken oder Zwangsideen in meinen dunklen Phasen sind ganz einfach: Ich bin eine Last und ich bin schlecht für die Menschen um mich herum und ziehe sie nur runter.
Das fing schon in meinen Teenagerjahren an und es hat lange gedauert, bis ich das überhaupt als etwas identifiziert habe, gegen das ich angehen muss. Vieles was ich in meinen Teenagerjahren und bis so ca. Anfang 30 getan habe, war unbewußt getrieben von diesen Ideen. Ich war dadurch sehr leicht zu manipulieren, weil ich "als Ausgleich" versucht habe, es allen Recht zu machen und das hat Menschen angezogen, die das auszunutzen wussten. Ich hatte glaube ich trotzdem viel Glück, weil ich auch immer von lieben Menschen umgeben war, die es gut meinten, aber ich bin schon auch auf ein paar Leute reingefallen, die ich heute als gut getarnte Soziopathen bezeichnen würde.
Die Tatsache, dass ich das alles nun eigentlich weiß schützt mich trotzdem nicht davor, dass ich da immer mal wieder reinrutsche. Wenn ich da dann richtig drinstecke, finde ich auch immer Beweise dass das so ist und ich denke immer, ich muss weg von allem und irgendwo hin, wo ich keinem zur Last falle (meine Selbstmordgedanken in meiner schlimmsten Phase in 2002 waren so gesehen einfach nur eine konsequentere Art, das erreichen zu wollen - ich wollte einfach nicht mehr existieren, weil ich dachte, dass das dann besser für alle Beteiligten ist). Ich finde den Umgang damit bis heute sehr schwer und ich denke mittlerweile, dass das so tief drin steckt, dass ich das vielleicht niemals wirklich überwinden kann, aber seit einigen Jahren habe ic zumindest das Gefühl, dass ich lerne damit zu leben und es so zu integrieren, dass es möglichst wenig Schaden anrichtet.
Alles Gute
Oliver
Hallo, Liebe Eva!
Das mit dem Grübeln bis hin zu Zwangsgedanken kenne ich leider auch und komme selber immer nur schwer davon weg.
Ich habe dazu zwei Taktiken, um sie ein bisschen loszuwerden, vor allem beim Einschlafen! Die eine hab ich mir selber "erfunden" (vielleicht gibts die sowieso irgendwo niedergeschrieben): Ich gehe gerne im Wald bei kleinen Bacherln wandern. Ich stelle mir also bei düsteren Gedanken so ein Bacherl vor und schmeiß diese Gedanken dann dort hinein und das Bacherl spült die Gedanken fort. Oder ich stell mir auch vor, dass Bacherl rinnt durch meinen Kopf und spült gleich von dort die düsteren Gedanken raus...
Die andere Taktik hab ich in einem Buch "Der Biophilia-Effekt" von Clemens G. Arvay gelesen: Wenn unliebsame Gedanken auftauchen, soll man sie kurz betrachten und zu Wolken umdenken, die dann wegfliegen. Ist überhaupt ein schönes Buch über die heilsamen Kräfte des Waldes/der Natur.
Unter tags schau ich öfters meine Lieblingsserien auf DVD in Englisch an und dazu die deutschen Untertitel. Einerseits ist es sehr interessant, die originalen Stimmen der Lieblingsschauspieler zu hören, andereseits lenkt das Englisch verstehen bzw. das Lesen der deutschen Untertitel sehr ab, man braucht viel Konzentration dazu und kommt so weg von den Grübeleien!
Das Gefühl, nur mehr eine Belastung für die liebsten Menschen zu sein, kenne ich auch nur zu gut.
Hier - viewtopic.php?f=8&t=10648 - hab ich dazu mal meine Gedanken niedergeschrieben.
Wünsch dir alles Liebe und Gute, dass es dir bald besser geht!!!
Lieber Oliver, liebe Nora,
vielen lieben Dank für eure Worte...es ist so toll, wie man von euch allen unterstützt wird.
Es ist schlimm, wie sehr uns unsere eigenen Gedanken verletzen und fertig machen können!
Mein Selbstwertgefühl ist nach den letzten vier Jahren nur Angst und Depression und die ganze Medikamentenhölle wirklich weit unter Null!
Von daher kein Wunder, dass man so denkt...aber wie wieder aufbauen, aus dem Teufelskreis ausssteigen...ich habe auch große Angst davor, dass man das wirklich nicht mehr wegbekommt...so wie Oliver schreibt...es gräbt sich so tief in einem ein...aber ich denke, es gibt auch Ursachen dafür...die wirklich meist in der Kindheit liegen...irgendwann holt einen das ein.
Aber wir alle wünschen uns, das hinter uns zu lassen und endlich frei davon leben zu dürfen.
Ich bin zur Zeit wieder extrem überempfindlich...ich habe gerade gezeichnet um mich abzulenken...eine sehr kindliche Zeichnung von einem Raben, der irgendwie mein Krafttier ist...mein Freund ist gekommen und hat kurz geschaut und gelacht...ein bisschen so: na was zeichnest du da für eine Kinderzeichnung...ich bin sofort innerlich in Tränen ausgebrochen...er hat es sicher nicht böse gemeint...einfach spontan so, wie er es gerade ehrlich empfunden hat, aber ich bin sofort total innerlich zerstört, weil ich überhaupt keinen Selbstwert mehr habe...schaut er mich nur nachdenklich an, dann interpretiere ich schon das schlimmste....ich frage mich, wie soll einen wer lieben können, wenn man sich selbst oft gar nicht mehr lieben kann, weil man so fertig ist.
Und es macht mir Angst so überempfindlich zu sein, dass man gar keine Schutzhülle, Abwehr, Haut mehr um sich herum hat...alles gräbt sich sofort tief in einen ein...dringt ungehindert durch und tut unendlich weh...die Nerven liegen im wahrsten Sinne total blank...da bleibt nur der totale Rückzug, aber irgendwie macht der es noch schlimmer...
Morgen möchte ich zu meiner Familie fahren...das erste Mal seit 4 Jahren, als das alles begann...ich möchte es sehr und dennoch geht es mir jetzt so schlecht...ich habe Angst davor, es nicht zu schaffen...oder dass ich dort dann zusammenbreche! Ich bin sowas von instabil, das macht mich fertig, denn ich möchte so gerne wenigstens die Dinge machen könne, die ich mir wünsche!
Ich wünsche euch allen das Allerbeste,
potatoiv