
ich bin sehr froh, endlich ein Forum gefunden zu haben, in dem kritisch und unzensiert über SSRI gesprochen wird.
Ich habe von 1998 bis 2008 fast ununterbrochen Fluctin genommen und dadurch mein Leben ruiniert. -

Angefangen hat die Misere nach der Trennung von meinem damaligen Mann, die mich sehr aus dem Lot gebracht hat. Ich war verzweifelt und auch ein Stück depressiv, dazu kamen Wohnungssuche und was sonst alles nach einer Trennung zu tun ist, während meine Berufsausbildung kurz vor dem Abschluß stand.
Freunde rieten mir zu einer Psychotherapie, um besser mit der neuen Situation zurechtzukommen, und ich dachte, "warum nicht".
Der Therapeut empfahl mir zusätzliche medikamentöse Behandlung mit Fluctin nach der Diagnose Depression und Angststörung. Vorher hatte ich gelegentlich 20mg Diazepam gegen Angstzustände genommen, das wollte er nicht verschreiben wegen der Suchtgefahr, obwohl ich nie dazu tendiert habe, regelmäßig Valium zu nehmen oder die Dosis zu erhöhen und damit auch arbeiten konnte.
Ich beschaffte mir das damals einzige deutschsprachige Buch zum Thema SSRI, "Glück auf Rezept" von Peter Kramer, das ja eigentlich ein wissenschaftlich verpacktes Werbeheftchen ist, was ich leider erst heute weiß. Ich fand Fluctin nach der Lektüre unbedenklich und begann es einzunehmen.
Leider hatte ich keine für mich schlimme Nebenwirkung, das hätte mich vielleicht dazu gebracht, es abzusetzen. Ich fühlte mich damit wohl, richtig oben auf, stark, selbstbewußt, dem Leben wieder gewachsen. Ich hatte das Gefühl, jetzt wäre ich endlich ich selbst.
Ich wurde unter Fluctin ein anderer Mensch, meine Persönlichkeit hatte sich sehr verändert. Gelegentlich machte eine Bekannte eine kritische Bemerkung darüber, was mich aber nicht im geringsten gekratzt hat in meiner chemischen Vernebelung.
Unter Fluctin hatte ich andere Prioritäten als zuvor oder danach, Verhaltensweisen, die ich nüchtern nicht akzeptieren kann.
Aber ich war voll und ganz überzeugt, das Richtige zu tun. Ich war nicht mehr fähig, mich selber kritisch zu hinterfragen.
Blind und taub für alles, ermuntert von meinem ewig lächelnden, kein Problem wahrnehmenden Behandler demontierte ich derweil mein Leben:


Ich kündigte kurz nach Medikationsbeginn meinen Job in meinem Traumberuf, für den ich vorher so hart gekämpft hatte, weil ich das momentane Wohlbefinden meines Urlaubs ins Unendliche ausdehnen wollte.
Ich wurde sehr aggressiv und geriet in Auseinandersetzungen um Themen, die ich vorher ruhig besprochen habe. Ich war gewaltbereiter als jemals sonst in meinem Leben.
Ich empfand keine Verbundenheit zu meinen Freunden mehr. Bei Dissonanzen habe ich schnell den Kontakt abgebrochen, obwohl ich ein geselliger Mensch bin.
Ich konnte keine Liebe mehr empfinden. Ich bin eigentlich ein sehr partnerbezogener Mensch.
Ich scherte mich nur noch wenig um Normen und Regeln. Ich handelte mir Anzeigen wegen Bagatellen ein, obwohl vor und nach Fluctin nie mit dem Gesetz in Konflikt.
In meiner Gleichgültigkeit begann ich, Sauberkeit und Ordnung für nebensächlich zu halten, bis meine Wohnung fast verwahrlost war, obwohl kein Hang zum Messietum ohne Fluctin.
Ich machte mehrere 1000€ Schulden, obwohl ich sonst ein Sparerle war und wieder bin.
Ich teilte alle Fakten in meinem Leben dem verantwortlichen Behandler mit. Der erklärte mir, meine psychische Erkrankung hätte sich verschlimmert.
Kritische Informationen, die in der englischsprachigen Literatur bereits Mitte der 90er veröffentlich wurden, z.B. Peter Breggin "Talking back to Prozac", erwähnte er in einem kleinen Nebensatz zusammen mit "Verschwörungstheorie" . Ich glaubte immer noch...
Ich lebte in meinem Universum, in dem nur ich wichtig war und Fluctin.
Dann kamen neue Medienberichte über die Gefahren von SSRI, bis endlich neben Selbstmord auch Agressivität und Persönlichkeitsverändderungen erwähnt wurden und ich entsetzt vorm Fernseher gesessen bin und gedacht hab "Oh Gott, das könnte meine Geschichte sein..."

Ein Teil in mir erkannte die Wahrheit und weigerte sich, noch länger das Fluctin zu schlucken...
Zum Glück kams bei mir nicht zu Absetzsymptomen größeren Ausmaßes. Im Gegenteil: Ich fühlte mich allmählich wieder lebendig, wurde auch nach Aussagen von langjährigen Bekannten allmählich wieder die Alte.
Gesundheitliche Schäden habe ich, soweit ich jetzt weiß, keine, außer vielleicht leichten Schlafstörungen, die mich nicht belasten. Aber was Fluctin aus meinem Lebenslauf gemacht hat, ist einfach nur schlimm!
Aus einer intelligenten, eigentlich lebenslustigen Frau, die beruflich engagiert war, mitten im Leben gestanden hat, unabhängig und ohne Schulden wurde ein Mensch ohne beruflicher Perspektive, mit Schuldenberg.
Das alles nicht, weil die Risiken von SSRI unbekannt waren, sondern weil sie totgeschwiegen wurden und immer noch werden!

Ich habe schon öfters, per SH oder in Foren versucht, andere Gutgläubige vor SSRI zu warnen. Für viele ist das wie Gotteslästerung. Oder mir wird unterstellt, ich bräuchte eine Ausrede für mein verpfuschtes Leben. Warum sollte ich peinliche private Infos ins Netz stellen, um mich vor Fremden zu rechtferigen?!- Ich versteh´s nicht.
Ich hoffe, ich finde hier jemand mit ähnlichen Erfahrungen.

Oder- viel besser- kann jemand davor bewahren...
