Guten Abend-Nacht-Morgen liebe Fories
Wenn man gedacht hat, die letzten Wochen seien schlimm gewesen, so kann ich versichern, die waren nur der Anlauf für das Megadesaster, mit dem ich seit über 3 Wochen konfrontiert bin.
Wie es nun definitiv und endgültig scheint, habe ich eine Gesichtsnervverletzung davon getragen, eine Verletzung des Trigeminusnervs.
Ich renne seit knapp einer Woche jeden Morgen weinend die Türen meiner Hausarztpraxis ein und sitze schniefend abwechselnd bei ihm oder seiner Kollegin. Wir haben listenweise jede infrage kommende Schmerzklinik, Ambulanz oder Praxis abtelefoniert, stundenlang.
Das kann man meinen beiden Ärzten überhaupt nicht hoch genug anrechnen.
Immer wieder Vertröstungen. Absagen und Neins. Mit dabei waren Uniklink Gießen / Marburg und Uniklinik Würzburg, das Betha*ienkrankenhauf Frankfurt, Schmerzzentrum-Rhein-M+in, Schmerzpraxis am R., Schmerzzentrum am Hei*ig Geist Hospital, private Schmerzzentren. Schmerzpraxis B., Schmerzpraxis F.
Ich habe die Terminvermittlungsstelle der Krankenkasse angerufen, nichts zu machen. Unmöglich vor Weihnachten oder zwischen den Jahren Termine zu organisieren,
Egal was die Ärzte oder ich probierten, immer nur ein abschmetterndes Nein.
Wenigstens die Unikliniken riefen meine Ärzte aus Mitleid und weil meine Docs dort persönlich anriefen und auf ein Arztgespräch insistierten, zurück, und gaben dann telefonisch Schmerzmedikationspläne durch, was sie mit mir anstellen würden, wenn ich jetzt bei ihnen wäre.
Das hat zur Folge, dass ich seit mehreren Tagen fast täglich neu eingestellt bin und werde, allerdings mit wenig Erfolg.
Am schlimmsten war es am Sonntag, als mich die Neurolog. Notaufnahme der Uniklinik Frankfurt, obwohl ich weinend vor Schmerzen mit Dringlichkeitsweinweisung vor ihnen stand, abwies.
Man würde keine reinen Schmerzzustände behandeln, außerdem sei sowieso kein Bett frei und ich solle erst mal 3 Wochen Oxcarabzepin probieren und aufdosieren und wenn das nichts helfe, einen Termin (ha ha) in der Ambulanz ausmachen.
Es gab einen einzigen Tag in den letzten 2 Wochen, an dem es schmerztechnisch ging, und das war letzten Freitag, als mich die Hausarztpraxis in ihrer Verzweiflung 2h an einen Opioid-Tropf (Dolantintropf) hängte. Ich war mal 5h schmerzfrei, allerdings für 12 weitere Stunden völlig abgeschossen und das alleine.
Meine Mutter war in Urlaub und meine Schwester immer noch in Reha.
Die Hausärzte sagten auch, das muss die Ausnahme bleiben, ich gehöre in dem Zustand stationär aufgenommen und überwacht, denn es sind starke Medikamente. Nichts, was man zuhause noch verantwortungsvoll managen kann, auch nicht, wenn man einen pharmaz.-mediz. Beruf hat.
Ich bin am Ende. So
verzweifelt.
Es ist eines der schlimmsten Gefühle der Welt, sich vor Schmerzen auf dem Boden krümmen zu wollen, und nur Absagen, Neins und Abweisungen zu erfahren.
Dass es schwierig sein würde in einer Schmerzklinik oder Ambulant unterzukommen, wusste ich, aber dass es ein solches Fiasko werden würde...
Ich möchte gerne mal die Schmerzen beschreiben, die mich um den Verstand bringen.
Aus dem OP Bereich des Oberkiefers und aus dem Bereich an Kiefergelenk / Schläfe links (operierte Seite) feuern Nerven in stärkster Schmerzstärke Schmerzsalven raus, zusätzlich zu einem permanent existierenden Schmerzgefühl, Druck und Ziehen im Oberkiefer.
Gleichzeitig, und das ist noch viel schlimmer, fühlen sich Mund, Mundschleimhaut, Zahnfleisch, Gaumen UND vor allem die Zunge so an, als ob man sie jede Minute mit kochend heißem Wasser verbrühen würde
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Die Schmerzen sind auch spiegelverkehrt auf die rechte Seite gewandert, als habe man mir dort auch den Ober- und Unterkiefer operiert. Wie Phantomschmerzen. Furchteinflößend, da auf der Seite nix gemacht wurde
Zudem Augenschmerzen, Ohrenschmerzen, Hautschmerzen am Gesicht.
Die Diagnose lautet: schwerste therapieresistente morphinpflichtige Trigeminusnervneuralgie bei frustraner Therapie.
Ich nehme und muss nehmen jetzt den heftigsten Cocktail meines Lebens:
Oxcarbazepin (Antiepileptikum), aufdosierend bis 1200mg [momentan bin ich bei 375mg seit Sonntag aufdosierend]
Arcoxia 90mg
Morphin Tropfen (Dosis ausloten)
Amitriptylin 25mg über Tag verteilt
Hydromorphon retard (Dosis ausloten)
Tramadol
Tilidin (eins von beiden, wenn ich mal vom Morphium Pause machen will)
Temgesic (Buprenorphin) sublingual bei Schmerzspitze
hochdos. Vit B Komplex
bei Bedarf Beruhigungsmittel (Bromazepam)
bei schwersten Schmerzen Fahrt zum ärztl. Bereitschaftsdienst für Dolantin (Pethidin)-Infusionen i.v. über 2h in NaCl.
Die vorher ausprobierten Medikamente (Pregabalin, Ibuprofen, Ibu retard 800, Dexketoprofen, Diclofenac, Naproxen) haben mittlerweile ihre Wirkung verloren, sodass ich sie nicht mehr nehmen kann / brauche.
Bzw. das Lyrica musste ich wegen schwerer NW (völlige Desorientierung, eingestellter Schluckreflex, geschwollene Brüste mit beginnendem Milcheinschuss schon nach 2 Tagen bei 50mg) absetzen und weigere mich es noch mal zu nehmen.
Ihr könnt euch nicht die Verzweiflung vorstellen, wie das ist, nur noch - und das freiwillig - sich ins Krankenhaus an einen Schmerztropf hängen lassen zu wollen und nur Absagen zu kassieren.
Ich bin so am Ende, ich finde keine Worte mehr dafür.
So erschöpft, schwach und zittrig.
Ich habe über 1,5 Kleidergrößen abgenommen, kann nur noch Babygläschen essen, wenn überhaupt.
Ich vergesse essen und trinken und vegetiere vor mich hin, unterbrochen noch von letzten Kraftakten bei Ärzten.
Phasenweise übernachtet meine Mutter bei mir, damit ich nicht alleine bin, wenn die Panik besonders stark ist.
Unser Gesundheitssystem hat Stärken und Schwächen, aber das ist ein unhaltbarer Zustand!
Meine Angehörigen und Freunde sind fassungslos; und das sind auch meine behandelnden Ärzte.
Sie sagen es geht gar nicht, dass Notaufnahmen so Patienten wie mich abweisen, zumal mit Dringlichkeitseinweisung. Aber das Problem ist nun mal, dass der Trigeminusnervneuralgie keine akute Ursache zugrunde liegt - und da kann man dann nichts therapieren oder die Ursache auflösen und damit bin ich als Patient nur kostenintensiv und völlig unattraktiv.
Ich kann nicht in Worte fassen, wie schrecklich die letzten Tage waren. Ich habe jeden Tag aufs Neue gehofft und gebetet, dass sich eine Lösung finden lässt, ein Arzt sein Herz erweicht, aber dem war nicht so.
Jetzt bleibt nur aushalten bis zum 16.1. - da wurde mir nach ausdrücklichem Insistieren meiner Hausärztin ein Ambulanztermin in Gießen (ist nicht gerade um die Ecke) angeboten. Noch nicht mal statiomär, aber wenigstens ambulant... Noch einen Monat durchhalten...
Ich spiele ernsthaft mit dem Gedanken, dem Gesundheitsministerium einen Brief zu schreiben!
Aber auch das wird nur Kraft kosten, die ich nicht habe. Ich schleiche wie ein Zombie durch die Gegend, zitternd und schwach, voller Angst und Schmerzen und stehe vor mittlerweile 15 Schachteln Medikamenten und weiß nicht, was ich nehmen soll, weil nichts richtig hilft...
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Und ich bin oft schlaflos.... wie ihr seht.... vor Schmerzen und Aufgewühltsein und weil der Körper Amok läuft.. ständig muss ich Betablocker nehmen, weil das Herz vor Schmerzstress so rast...
Ihr Lieben, ich wünsch euch was.
Ich versuche die Hoffnung nicht fahren zu lassen.
Jamie